Mehr als 80 Menschen kamen zum 7ten HFG zusammen, bei denen die Bereitschaft sich zu Zukunftsthemen zu verständigen, fühlbar war. Gesundheit geht jeden einzelnen und alle zusammen etwas an – Lebensstil und Lebensverhältnisse sind entscheidend. Alles in allem: Der gemeinsame, in der Sache unterschiedlich perspektivische und kompetente Blick nach vorn, charakterisierte das 7. Heidelberger Forum Gesundheitsversorgung
Mit seiner Keynote hat Prof. Dr. Nagel dem Themenspektrum des Forums ein Dach über dem Kopf verliehen. Gesundheit ist ein besonderes, transzendentales und konditionales Gut, was für Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit ebenso gilt. Diese Güter sind Bedingung der Möglichkeit der Realisierung aller anderen Güter. Das Gesundheits- und Sozialsystem mit seinem Solidar- und Subsidiaritätsprinzip sowie dem Selbstverwaltungsprinzip, mit Vertrags- und Wahlfreiheiten hat tiefe demokratische Wurzeln und war von Anbeginn eines der modernsten und fortschrittlichsten System überhaupt.
Es gilt nun diese ordnungspolitische Architektur durch gute interdisziplinäre, durchlässige und integrierte Prozesse, die konsequent am Bedarf der Patientinnen und Patienten und nicht an dem der Institutionen und Organisationen orientiert sind, zu sichern und weiterzuentwickeln. Dabei sind auf Disparitäten (Land, Stadt), Vulnerabilität (Alte, Kinder, Migrationen, Sprachbarrieren) wie soziale Ungleichheit ein besonderes Augenmerk zu richten.
Es ist Prof. Dr. Nagel sehr zu danken, dass er bezogen auf die demokratischen Wurzeln auch den Partizipationsgedanken im Sinne des Ausbaus der Teilhabe, aber auch der Überwindung der Sektorengrenzen aufgegriffen hat. Im System steckt zwar Interessenssprengstoff und ein funktionierendes Gesundheitswesen wie eine funktionierende Demokratie sind nicht per se sicher. Aber sie bedingen sich.
Es sind immer verschiedene Rationalitäten zusammenzubringen (individuell, ökonomisch, sozial/kollektiv, anthropologisch) um der Gefahr der Verselbständigung, Verabsolutierung und normativen Erhöhung zu begegnen.
Prof. Dr. Nagel
© Gesundheitsplattform Rhein-Neckar
Prävention ist bekanntlich das viel besungene Stiefkind der Nation. Das Gesundheitswesen ist in seinen Grundfesten nicht ausreichend darauf eingestellt. Gesundheitserhalt hat zwar einen der höchsten gesellschaftlichen und individuellen Stellenwerte. Dem tragen aber weder die Individuen noch Wirtschaft, Gesellschaft und Gesundheitswesen in hinreichender Weise praktisch Rechnung. Es bedarf hier starker und neuer Bündnisse für eine Gesellschaft des längeren Lebens. Gesundheitserhaltung muss endlich als Aufgabe aller – auch über das Gesundheitswesen hinaus – an vorderster Stelle stehen, so ein Statement. Die Mischung des Podiums hatte es in sich. Sehr unterschiedliche Perspektiven der Diskutanten aus Krankenkasse, Industrie, Dienstleistung, Pflege und Präventionswissenschaft waren sich einig, aus den jeweiligen Kompetenzen, zur Notwendigkeit von Prävention und Gesundheitserhalt gemeinsam beizutragen. Es soll weniger auf einzelne Erkrankungen fokussiert und mehr an biologischen Prozessen orientiert sein. Es müsse ein Weg von der Defizitorientierung und dem „Vermeiden von …“ zur Ressourcenstärkung in den Lebens- und Krankheitsphasen gegangen werden.
Prävention muss in allen Bereichen vor, bei und nach gesundheitlicher Versorgung und Pflege und auch darüber hinaus eine maßgeblich verbundene Rolle spielen, um so in jedem Lebensabschnitt gesündere Lebensstile und auch die individuelle Eigenverantwortung zu fördern.
1. Prof. Dr. Susanne Wurm
2. v.l.n.r.: Thomas Bodmer, Dr. Irmi Huber, Andrea Kiefer,
3. Daniela Kahlert, Andrea Kiefer, Dr. Irmi Huber, Moderator: Prof. Dr. Lutz Hager
© Gesundheitsplattform Rhein-Neckar
Der Weg der Innovationen ins Gesundheitssystem ist mühselig und aufwändig. Etwa sechs unterschiedliche Wege – je nach Innovationsart – gibt es ins deutsche Gesundheitswesen. Um dies zu verbessern, bedarf es einer frühzeitigen Kenntnis über nützliches Neues und eine ebenso frühzeitige Kooperation zwischen Innovatoren, gesundheitlichen Leistungserbringern und Krankenkassen. Dazu benötigen wir ein gegenseitiges Verstehen und Verständnis, ein pro-aktives Aufeinanderzugehen. Dafür treten alle Diskutanten des Heidelberger Forums ein. Wir sind inzwischen durch die Rahmenbedingungen, aber auch durch die Haltung zahlreicher Player auf dem Weg, „Berührungsängste“ und „Misstrauen“ der Partner abzubauen. Das ist gut so und auch dazu trägt das Heidelberger Forum bei.
Wir bedürfen des flexiblen Zugangs zu Innovationen und da gibt es durchaus auch unter den gegebenen Bedingungen eine Reihe von Möglichkeiten. Krankenkassen könnten hier als Katalysatoren wirken z.B. über besondere Qualitäts- und Selektivverträge. Nicht alles Neue ist im Sinne mehrwertigen Nutzens innovativ. Daher sollten Evaluationen und Ergebnismessungen, insbesondere bei vielversprechenden Erwartungen prioritär und frühzeitig designet werden, und es wird hier wie übrigens in allen Panels angemerkt, dass die Einbeziehung der Patientinnen und Patienten als ergänzende Quelle für Qualität in der Anwendung wichtig ist.
Wir haben zudem zunehmend die Möglichkeit, uns digitaler Technologie zu bedienen, die heute bereits in er Lage wäre, Innovationsmanagement schneller und unbürokratischer zu gestalten. Digitalisierung wirkt im Übrigen in jede Richtung: In Richtung Therapie und Compliance, in Richtung Prozesse und Strukturen, in Richtung Effizienz und Effektivität. Der Innovationsfonds auf Bundesebene fördert zwar auch Versorgungsinnovationen, passt sie allerdings in ein enges Korsett. Dies wird dem Agilitätsbedarf von Innovationen nicht gerecht. Der Fonds kann im Übrigen bei weitem nicht alles abdecken und ist hinsichtlich der Transformation in die Fläche „notleidend“.
1. v.l.n.r.: Niklas Best, Dr. Florian Brandt, Istok Kespret, Rolf Stuppardt
2. v.l.n.r.: Christian Geers, Dr. Florian Brandt, Rolf Stuppardt, Istok Kespret
3. v.l.n.r.: Istok Kespret, Moderator: Rolf Stuppardt
© Gesundheitsplattform Rhein-Neckar
Medizin ist durchweg auf indikationsbezogene, symptomatische Behandlung, möglichst mit Leitlinienstandard orientiert. Gesundheit und Behandlung erfordern aber mehr als das. So ist es für ein smartes Gesundheitswesen wichtig, eine werteorientierte, empathische und nutzerorientierte Medizin als Basis vorzuhalten. Durch und mit KI und digitalen Services müsse zukünftig deutlich mehr Zeit für die sprechende Medizin generiert werden.
Die stärkere Patienteneinbindung und die Patienten- aber auch Mitarbeitersicherheit ist dabei unverzichtbar notwendig. Qualitätsverträge mit Patienteneinbindung sind hier ein Instrument, auch unter den gegebenen Rahmenbedingungen, Schritte nach vorn zu machen. Selbstverwaltung und Aufsichten sollten hier nicht bremsen.
Letztlich geht es um die Menschen, um die Patientinnen und Patienten. Hier ist die Ressource Lebensstil ein starker Wirkstoff. Dies ist eine wichtige Ausgangsbasis auch für Prävention, Medizin wie Innovation. Dieser „Wirkstoff“ sollte in Zukunft eine viel größere Rolle im Gesundheitswesen spielen. Ein Beispiel eines überzeugenden Konzeptes ist die Mind-Body-Medizin, wonach Geist und Körper eng verbunden sind. Hier sind in der Forschung viele Signalwege entdeckt, die es gilt, in der Praxis zum Tragen zu bringen. Letztlich ist es aufgrund der Spezialisierungen in der Medizin, aber auch wegen der bruchlosen Versorgung in nicht medizinischen Bereichen, dringend erforderlich, ein durchgehendes Verständnis von interdisziplinärer und integrativer Zusammenarbeit praktisch wirksam werden zu lassen. Durch die Zusammenarbeit zwischen Medizin, Psychologie, Physiotherapie, Ernährungswissenschaften, E-Health, KI und vielen anderen Fachrichtungen werden systemische Lösungen greifbar, die den individuellen Bedürfnissen der Menschen besser Rechnung tragen können.
1. v.l.n.r.: Franziska Beckebans, Dr. Stephan Barth
2. v.l.n.r.: Dr. Ruth Hecker, Dr. Anke Diehl,
3. v.l.n.r.: Frank Scherbaum, Moderator: Rolf Stuppardt
© Gesundheitsplattform Rhein-Neckar
Denn während die Krankenhausreform in Berlin zum Zankapfel geworden ist, beschreiten die Handelnden in der Metropolregion längst neue Wege und erschließen Kooperationen sowohl zwischen Krankenhäusern als auch mit ambulanten Einrichtungen. Dazu zwingen einerseits die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen, andererseits wächst auch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Verbundstrategien werden sukzessive ausgeweitet, auch unter schwierigen Vorzeichen. So wurde eine abgestufte Versorgungskette für Dialysepatienten mit der häufigen Komplikation Herzinsuffizienz vorgestellt. Partner in diesem Vorgehen sind auch die Ärzte, so dass sich alle Beteiligten auf ihre Stärken konzentrieren können und die Patienten die Sicherheit haben, jederzeit kompetent behandelt zu werden. Es wird jedoch auch von rechtlichen Beschränkungen berichtet. Die Politik hinkt der Wirklichkeit hinterher. So wurde gefordert, die „Mauer“ zwischen Versorgung im Krankenhaus- und im niedergelassenen Bereich muss endlich abgerissen werden. Das Panel stellte eindrucksvoll Beispiele integrierter Versorgung in unterschiedlichen Bereichen vor, wobei sich auch Chancen durch die Digitalisierung z.B. durch Patientenportale ergeben, an denen sich z.B. in Bayern bereits über 100 Krankenhäuser beteiligen. Nicht jeder macht seins, sondern gemeinsam mache man eins, fasste Moderator Prof. Dr. Lutz Hager die Chancen kooperativer Ansätze auf regionaler Ebene im Gesundheitswesen zusammen.
1. v.l.n.r.: Marlena van Munster, Christina Leinhos, Katrin Erk, Dr. Stefanie Höger, Pelin Meyer
2. v.l.n.r.: Katrin Erk, Prof. Dr. Lutz Hager
3. v.l.n.r.: Moderator: Prof. Dr. Lutz Hager
© Gesundheitsplattform Rhein-Neckar
Aus unserem an sich ordnungs- und sozialpolitisch gut verfassten Gesundheitssystem ließe sich mit dem heutigen Wissen und den heutigen Möglichkeiten insgesamt etwas deutlich Besseres für die Menschen machen, wenn die Status-Quo- Interessen nicht so massiv, bedenkenschwer und verhindernd im Vordergrund stehen würden.
Das Forum hat gezeigt, dass es eine breite Bereitschaft gibt, über den eigenen Tellerrand zu schauen und gemeinsame Lösungen patientenorientiert ganz praktisch auf den Weg zu bringen.
v.l.n.r.: Prof. Dr. Lutz Hager (GPRN), Julia Rondot (Medhochzwei Verlag)
© Gesundheitsplattform Rhein-Neckar
Wir freuen uns dieses Jahr das 7. Heidelberger Forum Gesundheitsversorgung als Veranstalter in Kooperation mit dem Medhochzwei Verlag ankündigen zu dürfen. Die Präsenzveranstaltung findet am 25. April 2024 statt und das Tischgespräch, wie gewohnt am Vorabend.
Die Teilnahme an der Veranstaltung am 25. April ist für Mitglieder der Gesundheitsplattform Rhein-Neckar e.V. kostenfrei.
Tischgespräch am Vorabend
Prof. Dr. Thomas Klie
24. April 2024
19.00 Uhr
Gasthaus Backmulde (in der Altstadt)
Schiffgasse 11
69117 Heidelberg
Präsenzveranstaltung
25. April 2024
9.30 Uhr – 16.30 Uhr
Frauenbad
Bergheimer Str. 45
69115 Heidelberg
Neue Bündnisse für Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens – um nichts weniger geht es beim 7. Heidelberger Forum Gesundheitsversorgung am 25.04.2024.
Es erwarten Sie zukunftsorientierte Themen & Talkrunden mit hochkarätigen Referent:innen, mit Esprit vorgetragen und in einer anregenden Atmosphäre:
- Prävention – neue Bündnisse für eine Gesellschaft des längeren Lebens
- Innovation – die treibende Kraft für bessere Ergebnisse
- Medizin der Zukunft – Evidenz und Wert vereinen
- Die Stärke der Regionen – integrierte und interprofessionelle Versorgung organisieren
Nach 6 erfolgreichen Foren geht es nächstes Jahr wieder um brisante Themen. Denn: Die Lage im Gesundheitswesen ist stark geprägt vom demografischen Faktor, der unweigerlich zu mehr Gesundheitsnachfrage führen wird und mehr Chronifizierung, multifaktorielle Erkrankung und Pflegebedarf mit sich bringt. Dem stehen jedoch noch immer starre Strukturen und defizitäre Versorgungsprozesse wie auch ein völlig unzureichendes Fachkräftepotenzial gegenüber.
Es wird darum gehen müssen, die strukturellen Schwächen des herrschenden Medizinverständnisses und der Finanzierung von Versorgung zu überwinden. Was die Anwendung klassischer Gesundheitsversorgung vor diesem Hintergrund anbelangt, befinden wir uns an einem Wendepunkt.
- Die praktische Umsetzung von nachhaltigen präventionspolitischen Konzepten im Sinne gesunder Langlebigkeit
- Eine konsequente und schnellere Anwendung von Innovationen, Digitalisierung und KI
- Die Weiterentwicklung des Verständnisses von Medizin, bei der die Evidenzbasierung mit einer wertebasierten Medizin mit einem Salutogenese-Ansatz ergänzt wird
Das wollen wir mit dem 7. Heidelberger Forum Gesundheitsversorgung aufgreifen – mit Blick auf neue Bündnisse für die chancenreiche Gestaltung einer Gesellschaft längeren Lebens. In einer solchen Gesellschaft ist Gesundheit ein maßgeblicher Schlüssel. Viele Erkenntnisse und Lösungen dafür liegen bereits vor. Best Practice-Inseln gibt es zahlreich. Es wird darauf ankommen, eine ineinandergreifende Transformation und neue Bündnisse für Veränderung zu schaffen.
Seien Sie dabei und freuen sich auf einen intensiven Austausch mit allen Referent:innen und Teilnehmer:innen!
Für Mitglieder der Gesundheitsplattform Rhein-Neckar ist die Teilnahme an der Veranstaltung kostenfrei.
- Frühbucherpreis (bei Buchung bis 15.03.2024): € 288,00 | regulär: € 348,00 (zzgl. gesetzl. MwSt.)
- Preis für weitere Personen derselben Einrichtung: € 198,00 (zzgl. gesetzl. MwSt.)
- Autor:in im medhochzwei Verlag: € 238,00 (zzgl. gesetzl. MwSt.)
- Sonderpreis Abonnent:in WELT DER KRANKENVERSICHERUNG: € 238,00 (zzgl. gesetzl. MwSt.)
- Sonderpreis Mitglied der Psychotherapeutenkammer: € 238,00 (zzgl. gesetzl. MwSt.)
- Sonderpreis Mitarbeiter:in des Uniklinikums Heidelberg € 238,00 (zzgl. gesetzl. MwSt.)
- Sonderpreis Hochschullehrer:in: € 238,00 (zzgl. gesetzl. MwSt.)
- Sonderpreis Student:in: € 99,00 (zzgl. gesetzl. MwSt.)
- Tischgespräch am Vorabend mit Prof. Dr. Thomas Klie: € 89,00 (zzgl. gesetzl. MwSt.)
Zwischen 1903 und 1906 wurde das Bad erbaut und 1978 unter Denkmalschutz gestellt. Das Frauenbad ist heute nicht nur ein ausgefallener Ort in elegantem Ambiente, sondern auch eine exklusive Location für Business Events. Freuen Sie sich auf einen besonderen Mix aus faszinierender Historie, beeindruckender Architektur, spannenden Einblicken und anregende Diskussionen zu einem brandaktuellen Thema „Gesundheitsversorgung unter Krisenbedingungen”.